Professor Christoph Hilger – Frage & Antwort

1) Christoph, du bist…. 

Schauspieler, Sprecher, Sprecherzieher, Coach für alle, die sich in öffentlichen Situationen ausdrücken wollen und müssen, aber auch Musiker und Sänger mit einer fast fertigen CD mit Lyrikvertonungen zwischen Eichendorf und Rilke.

2) Du bist Professor für medienspezifisches Sprechen. Was ist das genau? 

Ich wurde 2006 als Professor an die Filmuniversität „Konrad Wolf“ nach Babelsberg berufen. Mein Arbeitsschwerpunkt war besonders die Arbeit mit der Stimme in Medien. Wie kommt man über ein Mikrofon rüber, wie arbeitet man im Genre Hörspiel, bei Synchronisation, was kann man beachten, wenn es um Stimme bei Dreharbeiten geht, auf was kann man dabei achten, wie findet man eine Natürlichkeit im Dreh im Verhältnis zur Bühne- darüber habe ich dann praktisch in Zusammenarbeit mit der Tonabteilung der Uni in Babelsberg, damals noch Hochschule gearbeitet und dazu geforscht. Ich habe mir die Berechtigung erworben, diesen Titel nach Beendigung meiner Lehrtätigkeit 2011 offiziell weiter zu tragen.

3) Wolltest du schon immer Professor werden? Und was sind die Vorteile dabei? 

Nein. Zu so was wird man berufen- und das ist auch stimmig. Tatsächlich kam ich 1990 frisch nach meinem Abschluss in Stuttgart an die Folkwang- Hochschule nach Essen, fast aus Zufall, weil dort jemand ausgefallen war und somit ein Lehrauftrag für Sprecherziehung im neu gegründeten Musicalstudiengang Anfang des Semesters nicht besetzt war. Ich war frisch in meine alte Heimat Köln zurück gezogen- und hatte noch viel zu viel Zeit bei so viel Elan 😉 Und in Essen sagte man mir, es sei gerade eine Professur zu besetzen, ich könne mich ja auch gleich dafür bewerben. Da kam von mir ein dankendes Nein, das wäre zu früh gewesen. 10 Jahre habe ich mich erstmal als Schauspieler auf Bühnen und vor Kameras versucht, (parallel zu Lehraufträgen, die ich sicherheitshalber „gesammelt“ habe und seit 1994 parallel zum Coaching) bevor ich mir dann die Frage neu gestellt habe, was denn nun der nächste sinnvolle Schritt in meiner Karriere sei. Das war genau dann die Bewerbung als Professor, weil ich das Gefühl hatte, ich habe jetzt auch einen echten Mehrwert in meinem Unterricht anzubieten.

Ab etwa 2004 habe ich mich begonnen zu bewerben und kam bei 5 aktiven Bewerbungen an zwei verschiedenen Hochschulen in die Endauswahl- 2006 entschied sich Babelsberg für mich- und ich bin gerne gegangen- Eine Super Herausforderung! 

Die Vorteile: Das erste Mal in meinem Leben 5 1/2 Jahre lang so etwas wie Planungssicherheit- und regelrecht die Pflicht, zu den eigenen Themengebieten zu forschen, tiefer zu schauen. Ich habe das extrem gerne gemacht- 2 Jahre war ich konsequenterweise zusätzlich Studiendekan der ganzen Abt. Schauspiel, war im Senat, im Fakultätsrat und und und – der Nachteil war natürlich, dass in der ganzen Zeit an eigenes Spielen überhaupt nicht zu denken war.

 

4) Du bist viel in der Medienwelt unterwegs und hast viele TV-Stars und Sternchen gecoacht. Was waren deine Highlights?

Ich wurde im Sommer 1994, nach knapp 10 eigenen Drehtagen vor der Kamera im damals boomenden TV- Markt, einer der ersten Coaches in Deutschland im Daily- Serienmarkt. Bis dahin hieß es in Berlin bei GZSZ als Aufgabenstellung, man solle doch den Schauspielern helfen, ihren Text zu lernen. Ich kam zum Jobinterview mit dem Anspruch: „Das muss die bestbezahlte Schauspielschule der Welt werden!“ Das schlug ein! Dieses ganze erste Jahr in der Serie mit teils 60 Wochenarbeitsstunden war ein Höhepunkt an sich! Ich war aber auch gezwungen, richtig auf den Punkt mit meiner Arbeit zu kommen. Ich habe unglaublich viel gelernt und alle meine wichtigsten Tools für Rollen- und Textarbeit sowie Körpersprache und vieles mehr dort begonnen, zu entwickeln

Einige der Schauspieler dort habe ich später dann in die Moderation begleitet und bei etlichen mitgeholfen, dass sie ihre Jobs bekamen- Ich sehe fast in jedem Format Schauspieler oder Moderatoren, die irgendwann bei mir waren.

Später, viel später gab es zwei besondere Angebote, die mich sehr fasziniert haben: Dirk Benedict, (amerikanischer Schauspieler, unter anderem ‚Face‘ im „A Team“) spielte einen Kinofilm in Deutschland und man suchte einen Coach, damit er einige seiner Dialoge auf Deutsch sprechen konnte. Eine tolle Gelegenheit, international zu vergleichen, wie meine Methoden bei so einem alten Haudegen der Schauspielerei anwendbar waren. Als zweites definitiv die Begleitung von Carla Juri in der Rolle der Paula Modersohn Becker im Film „Paula“, die ‚sprecherzieherische‘ Betreuung durch den ganzen Film bis in die Nachsynchronisation, in der wir ganz viel nochmal verbessern konnten. Eine Art von stillschweigendem Erahnen dessen, was der Regisseur meinen könnte- das Talent der Spielerin nicht zu stören, sondern behutsam zu heben, trotz der Konzentration auf die Sprache und gezielt zuzuarbeiten- das gefällt mir bis heute ganz besonders gut.

5) Was ist der Unterschied beim coachen von Schauspielern und Managern?

Die Methoden und Ziele sind sehr oft gleich: Das, was man macht, nicht zu spielen, sondern zu sein! Alle wollen in dem, was sie machen, Authentizität. Und das berühmte „rüberkommen“ steht über allem. 

Bei Managern und Führungskräften geht es aber um eine Kongruenz zwischen innerem und äußerem Ausdruck mit wenig Untertext- das, was man sagt, muss genau so gemeint sein. Und ganz entscheidend: In sehr vielen Prozessen, wenn es darum ging, sich in Assessment Centern für höhere Aufgaben vorzustellen, arbeite ich intensiv an dem Rollen- oder Funktionsbewusstsein: Viele müssen sich erst klar darüber werden, dass es nicht um sie als Person geht, sondern dass sie in ihrer Expertise, ihrer Funktion gefragt sind. Da müssen sie wenigstens für ihre Mitarbeiter ganz klar auch als Führungskraft sichtbar machen, da sind das Gesicht ihrer Abteilung und ihrer Firma. Wer das versteht, wird meist auch als Führungskraft akzeptiert und bestätigt. Fachwissen ist dabei schon vorausgesetzt- jemand anderes bekommt erst gar kein Budget, um sich einem Coach vorzustellen.

Im Schauspiel ist möglichst spannender Untertext gefragt, unterschwellige Botschaften- und viele Probleme: Am besten ein Zustand, den „normale“ Menschen froh sind, nach 3 Jahren Therapie endlich los zu sein. Sonst schaut niemand zu! Da ist das, was man nicht sagt, oft wichtiger als die Worte, die gesprochen werden. Und ganz grundsätzlich sind wir im Schauspiel einfach unser eigenes Instrument. Das macht eine Ablehnung für eine Rolle oft so schmerzlich, weil es sofort auf einen selbst als ungenügender Mensch und Talent zu zielen scheint. In der Industrie setzt man dann das Entertainment nur oben drauf. 

6) In welchem Metier bist du lieber unterwegs?

Das eine Metier geht ohne das andere im Grunde nicht. Beide Metiers befruchten sich gegenseitig und ermöglichen mir spannende Charakterstudien. 

Ganz nahe sind mir im Herzen die Schauspieler, die darum kämpfen, sich im Beruf erst einmal durchzusetzen und Anerkennung zu finden. Und wenn man so etwas gemeinsam schafft, treten mir immer noch teils selbst die Tränen in die Augen. Ich nenne meine Arbeit nicht umsonst „Sich in das Talent eines Klienten zu verlieben“ 

In der Schauspielarbeit sind die Resultate aber nicht immer so kalkulierbar, da kann vieles passieren- Und manchmal sind die Prozesse wesentlich langwieriger. Meine „älteste“ Klientin kommt seit knapp 23 Jahren, wir arbeiten bis heute fast alle ihre Castings und bereiten Drehs auch international vor. Ich glaube, sie merkt einfach, dass es wesentlich schneller geht, sich mit jemanden zusammenvorzubereiten- mehr Spaß macht, die Fantasie anregt und der Text meist mit dem Coaching bereits weitgehend gelernt ist. Aber darauf lege ich es überhaupt nicht an. Als Coach muss ich so arbeiten, dass ich mich durch meine Arbeit irgendwann unnötig mache. 

In der Industrie hat man einen gewissen Zeitrahmen, der vorgegeben ist, dann hat man ein zackiges Ergebnis oder – war nicht gut als Coach. An einem klar definierten Ende muss sich jemand besser fühlen und sicherer / überzeugender sein als vorher. Es geht nur um die Ziele des Klienten. Typischerweise in ca. 15 – 20 Stunden. Ganz selten geht es über den Zeitrahmen hinaus. Einem hohen Manager in China habe ich an die 50 Stunden begleitet, das war aber eine große Ausnahme und ein großes Aufgabenfeld inkl. einer Menge Rhetorik und Gesprächsführung in Asien. So arbeite ich auch ausgesprochen gerne- ich nenne das „Spielen mit Gleichaltrigen“ 😊

Von diesem „auf den Punkt arbeiten“ hat die Arbeit mit Schauspielern sehr gewonnen. Mit Schauspielern muss ich noch viel mehr an meine Fantasie- da werde ich zum Trüffelschwein für noch mehr Möglichkeiten 😉 und plötzlich fallen mir Sätze ein, die ich noch nie gesagt habe und die meine Arbeit weiterbringen. Sternsätze 😊“ 

Und klar ist: Die Arbeit in der Industrie finanziert mir in gewisser Weise die Möglichkeit, das Preisgefüge für die Arbeit mit Schauspielern im Rahmen zu halten. 

7) Was wollen die meisten Schauspieler von dir lernen?

Besser, überzeugender rüberkommen, erfolgreich sein. Ihre Stimme besser beherrschen, Texte besser interpretieren, verstehen, warum es manchmal nicht kappt, oder was sie besser macht, ihren nächsten Job bekommen, wenn es z.B. um ECastings geht. Und mein Angebot dreht sich immer einmal das direkte Casting und drum herum um Ausdrucksverständnis und Technik, die dabei hilft, sowas in Zukunft schneller auch selbst zu erledigen. Ich mache nie nur ein ECasting, sondern packe immer noch etwas Fundament mit ins Paket, wie man sich schon grundsätzlich auch fürs nächste Casting weiter entwickeln kann. Einen Schüler habe ich, mit dem brauche ich teils nur noch eine halbe Stunde für eine Castingvorbreitung, weil der schnell und gut lernt und eine klasse Auffassungsgabe hat.

8) Bringst du jeden deiner Schüler zum Erfolg?

Nein. Weil Erfolg ja für jeden etwas anderes ist. Und weil nicht jeder weiß, wohin er/sie will. Aber es gibt einen hohen Prozentsatz von Menschen, die nach einem Coaching mit mir ihre Jobs leichter bekommen und bekommen haben. Wenn sie länger als nur für ein Coaching bleiben, verändert sich auf jeden Fall das Gesamtverständnis für den Job. Aber dazu müssen sie Vertrauen haben. Das schafft nicht jeder, auch aus sich selbst heraus nicht unbedingt. Und manche verstehen auch in einem solchen Prozess, dass Schauspiel NICHT ihr Job ist, der sie ein Leben lang glücklich macht… Besser, wenn es in ihnen selbst entsteht. Ist das dann auch ein Erfolg?! 😉

9) Deine Definition von Erfolg?

Im Coaching ist mein Erfolg, wenn ich den Blick und das Bewusstsein auf und für den Job erweitert habe. Wenn parallel zur erarbeiteten Castingszene auch eine szenische Fantasie entsteht, wenn Lust fürs Wirken in einem Gesamtbild und das Gefühl für die eigene Wirkung in diesem Bild erwächst. Und wenn ich es schaffe, dass über einen etwas längeren Zeitraum zu begleiten, dann macht es mich auch selbst etwas glücklich

10) Du wolltest mit 24/25 Jahren Gitarre studieren und als Liedermacher durchstarten. Warum hast du damals die Thematik Musik aufgegeben?

Ich war bereits ab meinem 19. Lebensjahr mit Gitarre und Gesang mit meinen eigenen Liedern auf Bühnen bundesweit unterwegs. Aber mit 24 stellte ich fest, dass der ehemals sehr große Liedermacher- Markt weitgehend zusammenbrach- und ich konnte als Gitarrist nicht mithalten mit anderen Konkurrenten im Fach ‚klassische Gitarre‘ für passende Studienplätze. Die Lust war weg und die Angst, nicht gut genug zu sein, killte meine Kreativität. Auf der anderen Seite hatte ich über die Jahre des Singens meine Stimme ganz anders entdeckt- plötzlich schien es mir, als bräuchte ich das Instrument vor mir gar nicht mehr und könnte mich „direkt“ ausdrücken… Und dann fand ich sehr überraschend über eine Empfehlung das Sprecherziehungsstudium in Stuttgart. Das Tolle war, mit Nebenfach Gesang. Das passte einfach und ich habe mich wie ein Irrer darauf gestürzt. Ich war schon 25…

11) Konntest du die Liebe zur Musik während deines Studiums zum Sprecherzieher unterdrücken? 

Ich musste da nichts unterdrücken- ich war nur anders unterwegs, diesmal NUR mit Worten, im Erarbeiten von Gedichten, Texten, Prosa ging es erst einmal darum, die „Meister“ sprecherisch zu erfassen und rüberzubringen- ich war von mir abgelenkt und es ging nur um das Werk. Das hat geholfen, um allgemein gültige Kriterien zu entdecken, warum ein Text berührt und warum nicht- und was ich dazu beitragen kann, dass ein Text durch meinen Mund lebendig und berührend werden kann. Und dann entdeckte ich, auch und besonders in einem Workshop mit Gisela May über Brecht- Interpretation, die Musik in der Sprache- und plötzlich war die Musik wieder voll da. So wie bei Eichendorff, den ich sehr schätze:„Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“ Am Ende des Studiums habe ich die ersten Gedichte vertont und in meinem Studium sehr für Überraschungen gesorgt. Als Musiker hatte man mich gar nicht auf der Liste 😊

12) Du hast dich damals auch als Schauspieler versucht. Was für Hürden gab es dort? 

Oh, das war mehr als ein Versuch. Seit 1983 entdeckte ich über meinen bis heute besten Freund Walter Lott, einen Schauspielcoach aus den USA, einem alten Method Lehrer, u.a. dem ersten Schauspiellehrer von Micky Rourke, der 2-3x im Jahr nach Europa kam. Da bin ich drangeblieben, habe viele Kurse für ihn mit organisiert und kam so auf ca. 3-8 Wochen Training im Jahr bei ihm über einen Zeitraum von am Ende beinahe 11 Jahren. Das war ein extrem forderndes Training in jeder Hinsicht, aber da gab es etwas, was ich unbedingt lernen wollte. Und gleich nach dem bestandenen Diplom zum Sprecher, Sprecherzieher mit Nebenfach Gesang bekam ich lustigerweise eine Hauptrolle ausgerechnet in einem Stummfilm, es kamen schnell weitere Drehtage und 3-4 Theaterstücke, 1991 gewann ich sogar einen Darstellerpreis auf einem internationalen Theaterfestival in Wolgograd- aber ich war im Schauspiel manchmal etwas unsicher- ich hatte zwar eine wesentlich fundiertere Ausbildung für alles, was mit Stimme und Sprache zu tun hatte, aber fühlte mich nicht immer sicher im Vergleich mit anderen Schauspielern.

Zu dem Zeitpunkt ergab sich dann das Seriencoaching- beim Beobachten anderer und beim Unterstützen habe ich extrem viel gelernt, über die Sprache von Regisseuren, über die notwendigen Hilfestellungen, die ich immer an und mit mir gleichzeitig probieren konnte und über Tools, die mir, aber auch vielen anderen Schauspielern fehlten- und zu denen ließ ich mir dann eben etwas einfallen. Dann wurden alle anderen besser, aber ich genauso. In der Zeit spielte ich kaum, sondern war eben Coach. Ab Frühjahr 1996 ging ich dann aber wieder mit einer Punk Comedy Band auf Tournee, diesmal im Ensemble- und wir waren in dem Jahr für den Viva Komet nominiert. Danach folgte TV Kaiser, eine nachgespielte Talkshow, in der ich für 13 Folgen im festen Cast war, da ging es um Komik, was ein ernstes Thema war und dort gar nicht immer funktionierte, aber wieder eine neue und eine tolle Herausforderung war. Und dann versuchte ich mich als künstlerischer Leiter eines Theaters für Musical speziell für Tournee, Cocomico, immerhin auch 4 Jahre bis 2001! Das Theater gibt es mit meinen ehemaligen Partnern bis heute und ist erfolgreich, aber das passte irgendwann mit diesem Team nicht mehr.   

Später, um die 40, ging es dann um die Frage, wie es weiter geht. Und diese Frage ist auch eine wirtschaftliche Frage: Wieviel Geld bringt welcher Job, auf was habe ich die meiste Lust und wo lohnt es sich, Zeit und Geld zu investieren mit der Möglichkeit, Gewinn zu machen. Da wäre reines Schauspiel in der zwischenzeitlichen Entwicklung des Fernsehmarktes ein erheblicher Selbstbetrug mit der Lizenz zum Unglücklichsein gewesen. In der Zeit als Prof an der Filmuni und leicht darüber hinaus hatte ich weitgehend mit meiner Schauspielkarriere abgeschlossen.

Spätestens 2013, als ich für etwa 2 Jahre nur noch als freier Coach in der Industrie unterwegs war, merkte ich, wie sehr mir das Spielen in meinem Leben fehlte. Seitdem habe ich mir wieder eine Agentur gesucht und begann, ganz gezielt meine Lieblingsgedichte besonders aus der Romantik auf musikalische Fantasie zu untersuchen und regelmäßig zu vertonen. In der Zwischenzeit gibt es die ersten Fassungen meiner Interpretationen auch bei Spotify und Youtube usw. und die CD wartet auf den richtigen Moment der Veröffentlichung. Fertig ist sie. Und ich erzähle einfach so gerne Geschichten durch mich durch und mit mir … 

13) Du bist also Musiker, Schauspieler, Coach für Medienpräsenz und Sprecherzieher. Wo liegt dein Schwerpunkt?

Das schwankt. Ich stelle fest, dass sich all diese scheinbar unterschiedlichen Jobs überhaupt nicht ausschließen. Zwischendurch einen ganzen Abend von 2 Stunden Musik zu gestalten, daneben gelegentlich für TV und Film in andere Rollen einzutauchen, dann wieder in Europa bei Firmen unterwegs zu sein und mich nur um andere zu kümmern und plötzlich jemanden zu verhelfen, sein eigenes Drehbuch mit sich selbst in der Hauptrolle zu realisieren macht wahnsinnig viel Spaß. Alles ist dasselbe Thema, vielleicht DAS Narrativ meines Lebens: Sich mit dem spannenden Raum zwischen Sender und Empfänger zu beschäftigen und dafür zu sorgen, dass dieser Raum mit Freude, Liebe und Spaß gefüllt ist. Selbst und erst recht bei ernsten Rollen. Nur die Zielgruppe ändert sich ständig. 

Jetzt gerade in der Lockdown- Zeit ist es die Verlagerung aller Trainings in den virtuellen Raum.  Und alles, was ich online mache, ist sehr erfolgreich, wenn es stattfindet, aber trotzdem kapieren viele Firmen noch gar nicht, wie wichtig es ist, die Persönlichkeit der handelnden Menschen in Online Situationen zu unterstützen, die teils hilflos seit einem Jahr vor Kameras ‚hocken‘. Und wenn man irgendwo im System Hilfslosigkeit eingestellt hat, wirkt auch alles andere hilflos… . Weil die Menschen nur zum Teil verstehen, wie diese Medien funktionieren. Und wie motivierend es sein kann, diese Prinzipien besser zu verstehen. Mein Schwerpunkt liegt beim Ausdruck. Für die Menschen, die es brauchen. Der häufige Perspektivwechsel, den ich zwischen den Zielgruppen brauche, erhöht allerdings den Spaßfaktor erheblich!

14) Warum sollte man deiner Meinung nach seine Träume nie aufgeben?

Weil Träume unser Motor schlechthin sind. Und meine feste Überzeugung und Erfahrung ist, dass alles, was man mit vollem Herzen tut, als Ergebnis irgendwann zu einen zurückkommt. Das ist wie ein Energie- Erhaltungssatz! Allerdings geht die Saat nicht immer genau da auf, wo man seine Träume gepflanzt hatte. Ich brauche eben auch das hörende Herz, zu erkennen, wo genau sie aufgeht und sollte dann diese Saat zu schätzen. Manchmal ist das wie gelebtes ZEN

15) Was ist dein persönlicher Wunsch?

😊 Ich strebe doch nochmal eine größere Rolle an, die über zwei Drehtage hinaus geht. Ich verstehe in der Zwischenzeit das Geschenk, das ein Autor oder Regisseur einen macht, wenn er/sie sagt: DU sollte MEINE Geschichte mit DEINEM Körper und Stimme erzählen!“ Und dafür halte ich meine Geschichten lebendig. Und womit ich jetzt schon Geschichten erzählen kann, ist mit meinen Liedern. Da bin ich unabhängig von jemand, der für mich jetzt schreibt. Diese ganzen romantischen Dichter haben längst etwas für mich geschrieben, was in mir 200 Jahre Resonanz erzeugt. Und ich erzähle meine Geschichten mit meiner geliebten Gitarre durch ihre Texte, aber komplett in der Liebe für die Texte. 2 Stunden Liebesakt für die Sprache 😊 Das macht glücklich. Es wird aber auch Zeit, dass ich es wieder darf….

16) Wenn du auf dein Leben und deine Erfahrungswerte in der Medienwelt zurückblickst- was hat dich geprägt?

Egal, auf welcher Qualitätsstufe ich unterwegs war: Immer wollten die Menschen das Beste aus ihren Möglichkeiten herausholen und auch das Beste schaffen! Und etwas daran war ungemein befreiend. Ein Satz ist mir bis heute wichtig: Es gibt Lichtspender und Lichtschlucker. Von Lichtschluckern halte Dich fern! Das sind Bremser. Bis heute brauche ich manchmal, um die heraus zu finden. Wenn ich sie entdeckt habe, geh ich woanders hin.

16) Jetzt unter uns: Haben deiner Meinung nach alle TV Schauspieler Talent? Oder werden sie aufgrund ihrer Reichweite und Optik besetzt?

Auwei! Ich habe alles schon erlebt. Auch sehr gut aussehende talentfreie Zonen mit Lernresistenz. Aber diese hatten dann vielleicht weniger schauspielerisches Talent, aber ein Talent zur öffentlichkeitsrelevanten Selbst- Entäußerung, was eine bestimmte, nicht kleine Zielgruppe interessiert. Das ist AUCH ein Talent. Und wenn sie klug sind, bauen sie sich da herum mit Hilfestellungen eine Art von Karriere. Und einige bezahlen trotzdem dafür einen hohen Preis. Wenn es sie (hoffentlich) glücklich gemacht hat- da sind wir wieder bei einer der Anfangsfragen.

Ich habe etwa 1000 Menschen bei Aufnahmeprüfungen für Schauspiel zugesehen. Oft war im ersten Atemzug und im ersten Blick erkennbar, ob das etwas wird oder nicht. Den Rest der Zeit beim Vorspiel, irgendwas zwischen 3-10 Minuten, habe ich genutzt, um mich entweder doch noch positiv überraschen zu lassen- oder Argumente zu finden, wie ich eine Ablehnung begründen könnte, damit die Spieler*innen verstehen, wo sie sind. Was alle, die wir in die nächsten Runden der Prüfung ließen, gleich hatten, war ein großes Ausdrucksbedürfnis, einige kämpften richtig um ihr Leben. Das musste aber zusammen kommen mit einer Lust auf Fremdes, fremde Geschichten, die sie durch sich selbst erzählen wollten. Der erste Faktor alleine wäre besser in therapeutischen Prozessen aufgehoben…. 

Das wichtigste ist eine eigene Entwicklungsbereitschaft. TV- Coaching war für mich manchmal so etwas wie Soforthilfe am Unfallort, aber die, die wollten, konnten sich grandios entwickeln. Und viele haben das getan. Und oft hatte ich irgendwann meine Hände im Spiel. Als eine Mischung aus Mentor, Entwicklungshelfer, Coach, Freund und Einpeitscher. Mentor und Coach bin ich am liebsten 😉

17) Was ist dein besonderes Talent?

Ich glaube, ich kombiniere mein sehr großes Wissen über die Medien/TV Welt nach knapp 30 Jahren Erfahrung in einer Menge von Produktionen, auch international- mit einer sehr tiefen Erfahrung über seelische und schauspielerische Prozesse, wie diese zusammen wirken und eine Menge von Techniken, wie man sich die Vermittlung seiner Impulse zugunsten der Interpretation einer Rolle leichter und befriedigender machen kann- und ich kann mich immer noch in das Talent von Menschen verlieben, um sie da zu fördern, wo es sie weiterbringen könnte. Ich stelle den Raum zur Verfügung, damit man Vertrauen finden kann: Arbeiten müssen dann die anderen.

18) Welche Schauspielrolle würdest du gerne mal übernehmen?

Fast wäre ich geneigt, zu schreiben: Eine längere Rolle! 😊 Aber genauer: Die etwas gebrochenen Charaktere liegen mir sicher… Jemand, der scheitert und sich versucht, aus dem Sumpf herauszuziehen- in die Richtung hätte ich Lust, besetzt zu werden. In meiner Altersklasse gibt es da eine Menge Geschichten, die man erzählen könnte. Da wäre ich gerne dabei

19) Dein Schauspiel-Idol?

John Goodman. Grandios, wie der sich für seine Rollen benutzt, komplett uneitel, manchmal am Rande seines eigenen persönlichen Abgrundes, immer in voller Hingabe, selbst für die kleinsten Rollen und Auftritte. King Ralph habe ich 5x gesehen, das Gespür für Komik, sein Umgang mit dieser Masse, die er bewegen muss, seine Freigiebigkeit mit seiner eigenen Geschichte. Ich ziehe jeden Hut!

20) Würdest du in deinem Leben rückblickend was anders machen?

Ich hätte gerne bei der Auswahl meiner Partnerschaften ein besseres Händchen gehabt. Aber es ist alles schon folgerichtig- daher NEIN

21) Was für einen weisen Spruch hast du für uns? 

Es sind nicht die Dinge an sich, die den Menschen beunruhigen, sondern die Vorstellung von den Dingen – Epiktet

22) Warum gefällt dir dieser Spruch?

Einmal lässt er Rückschlüsse zu auf die Fantasiebegabung, die wir eigentlich haben. Auf der anderen Seite macht er deutlich, wie sehr wir es vermutlich häufig übertreiben. Siehe Verschwörungstheoretiker. Unfassbar, wie sinnlos da Fantasie eingesetzt wird. Freidrehend entfernt von allen logischen Schlussfolgerungen. Manchmal ist es einfacher, einfach etwas auszuprobieren. Dann weiß man eh, wie es geht und spart sich die Kopfschmerzen…

23) Zum Schluss die drei Leitsätze von Drei-Blick: Wie siehst du dich?

Aufmerksam, humorvoll, manchmal etwas langsam und gelegentlich etwas hilflos, begeisterungsfähig, liebevoll

24) Wie sehen dich andere?

Die, die mich mögen, schließen sich vermutlich diesen Beschreibungen an…

25) Wie möchtest du gesehen werden?

Genau so, wie ich bin.  Am besten eine Kombination aus beiden vorherigen Fragen

26) Dein Lebensmotto:

Es gibt nichts Gutes außer man tut es!

27) Dein Appell an alle Künstler:

Bleibt Euren Geschichten treu und spürt auf den richtigen Moment, sie zu erzählen. Vertrauen, Erfindungsgabe und Training wird den Zeitpunkt öffnen, wo sie ihren Platz finden.

28) Dein Schlusssatz:

Danke für Dein Vertrauen, einen Podcast mit mir zu machen 😉 und Dank an alle, die es geschafft haben, diese Antworten, die ich einfach nicht kurzfassen konnte, bis zum Schluss zu lesen

Christoph im Drei-Blick Podcast Teil 1

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Interview by Mi Hae Lee ||                                     Fotos by Daniel Fieber, Andra Kokott